Castle Rose - Das schlafende Schloss
Steampunk Märchenadaption
Inhalt von "Castle Rose - Das schlafende Schloss"
Dornröschen mit verkehrten Rollen: Was passiert, wenn der Prinz schläft und eine Diebin ihn aufweckt?
Seit mehr als einem Jahrzehnt schlafen alle Menschen im mit Rosenranken überwucherten Castle Rose. Sie sind Opfer des Aethers, einer Substanz, die jeden in einen ewigen Schlaf fallen lässt, der sie berührt.
Auch Juliannas Vater ist ein Sleeper, ihre Mutter wird seit Jahren vermisst. Ganz allein kämpft sie darum, sich und ihren Bruder mit kleinen und größeren Diebstählen über Wasser zu halten. Doch dann erkrankt ihr Bruder tödlich und Heilung verspricht nur eine teure Behandlung.
Um ihn zu retten, bricht Julianna in Castle Rose ein und stiehlt die Schätze des Schlosses. Doch als sie versehentlich den schlafenden Prinzen berührt, erwacht er...
"Ungewöhnliche Märchenadaption"
"Ich bin total verzaubert von dieser Geschichte"
Leserstimmen auf Amazon
Lies die Rezension zu "Castle Rose - Das schlafende Schloss" bei Tilly Jones bloggt
Wer gerne spannende Geschichte vor ungewöhnlichem Hintergrund liest und sowohl dem Western- wie auch dem Steampunk-Genre aufgeschlossen gegenübersteht, wird mit diesem Buch bestens bedient und unterhalten.
Amazon-Rezensentin
Ich habe den ersten Teil geradezu verschlungen und die Gegenwart kam mir bisweilen wie die eigentliche Phantasie vor.
Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich spielt Jasmin Jülicher zu Recht in der oberen Liga der Selfpublisher.
Amazon-Rezensentin
"Die Geschichte war durchweg spannend und fesselte mich an die Seiten"
Leserstimme
Leseprobe zu Castle Rose, der Steampunk-Märchenadaption von Dornröschen
„Wenn ich Ihnen sage, das ist der letzte Preis, dann ist er das auch.“ Fassungslos schüttele ich den Kopf. Dieser Kerl … Nur weil wir hier auf dem Gebrauchtwarenmarkt sind, heißt das nicht, ich hätte etwas zu verschenken. Eher ganz im Gegenteil. Ich brauche das Geld. So langsam gehen mir die Ressourcen aus. Und bis ich wieder ein großes Ding lande, muss ich mich eben mit dem Kleinkram begnügen. Dass dieser Kleinkram zwar gebraucht ist, aber nicht von mir, muss dabei ja keiner wissen, richtig?
„Also …“, startet der Mann vor meinem Stand einen weiteren Versuch. „Zehn Dollar, dafür nehme ich es auch gleich mit.“
Die Hände in die Hüften gestemmt mustere ich zunächst den zierlichen goldenen Brieföffner, dann den Mann. „Oh, das wäre ja wunderbar“, flöte ich sarkastisch. „Ich wüsste gar nicht, was ich tun würde, wenn Sie dieses große, sperrige Teil nicht sofort mitnehmen würden. Eigentlich müsste ich Ihnen Geld dafür bezahlen. Warten Sie.“ Umständlich krame ich in meiner Geldbörse herum. „Hier, zehn Dollar.“ Ich halte ihm den Schein hin. „Ich bin Ihnen wirklich dankbar für Ihre Hilfe, mich von meinen Besitztümern zu befreien.“
Nach Überraschung und Freude auf seinem Gesicht folgt offenbar ein Moment der Erkenntnis. Er macht eine rüde Geste in meine Richtung, wirft den Brieföffner zurück auf den Tisch, wendet sich ab und verschwindet im nachmittäglichen Gewühl der Stone Street. Lachend schiebe ich den Geldschein zurück in meine Geldbörse. Ein Schnauben ertönt und ich beuge mich unter den Tisch, wo Anubis, mein mechanisches Gürteltier, zusammengerollt liegt.
„Ja?“, frage ich ihn. „Irgendwelche Einwände?“
Doch er wendet nur den Kopf von mir ab und beginnt zu schnarchen.
„Hätte mich auch überrascht“, murmele ich und wende mich wieder den potenziellen Kunden zu, die an meinem Stand vorbeihasten. Ich bin nur selten auf dem Gebrauchtwarenmarkt, die meisten meiner Sachen sind einfach zu heiß, um sie öffentlich zu verkaufen. Hierher bringe ich nur kleine Sachen, die übrig geblieben sind. Zum Beispiel unechten Tand, den ich den Leuten als Gold andrehen kann.
Der Gebrauchtwarenmarkt ist ein länglicher Gang, der sich quer unter unserer wunderschönen Stadt Tales End erstreckt. Das bedeutet also, über unseren Köpfen geben die reichen Leute – die gehobene Gesellschaft – ihr nicht gerade hart verdientes Geld für Plunder aus, während ich hier unten um jeden Dollar kämpfen muss. Aber sollen sie doch noch ein Silberbesteck oder einen goldenen Aschenbecher kaufen – dann gibt es nur noch etwas, das ich später wieder verkaufen kann.
Wenn ich mich kurz vorstellen darf: Mein Name ist Julianna Moore und ich bin eine Diebin. Natürlich nicht in Vollzeit, schließlich braucht jeder wirklich gute Dieb eine Tarnung, also arbeite ich in der Nachmittagsschicht einer Fabrik. Die Bezahlung dort ist in Ordnung, aber die Arbeit ist mies: Ich putze und warte die Maschinen, die die eigentliche Arbeit machen. Das wäre nicht schlimm, wäre diese Arbeit nicht so verdammt gefährlich. Da die Maschinen mit Aether laufen, muss ich bei jedem Handgriff höllisch aufpassen. Denn wenn man Aether einmal berührt, dann … Tja, ich würde sagen, das endet nicht gut. Man fällt in einen totenähnlichen Schlaf, für immer. Bisher ist niemand wieder daraus erwacht. Ein wenig außerhalb des Stadtkerns gibt es daher eine riesige Halle, dort werden die Sleeper aufbewahrt, bis sie, nun ja, letztendlich, ungefähr mit siebzig oder achtzig Jahren, doch noch sterben. Ich bin nur selten dort. Nur dann, wenn ich meinem Vater einen Pflichtbesuch abstatte.
„Wollen wir langsam mal nach Hause gehen?“ Anubis bedenkt mich mit einem weiteren Schnarcher, den ich einfach mal als „Ja“ interpretiere. Rasch packe ich meine restlichen Sachen zusammen. Heute bin ich einige Stücke losgeworden und mein Rucksack wiegt nur noch halb so viel wie am Morgen. Geld klimpert in meiner Geldbörse und rasch überschlage ich, wieviel ich heute verdient habe. Es dürften etwas über hundertfünfzig Dollar sein, gar nicht schlecht für den Gebrauchtwarenmarkt. Als ich meinen Platz verlasse, sehe ich aus dem Augenwinkel einen Mann, der ihn direkt für sich beansprucht und seinen Ramsch ausbreitet.
Ich muss erst in zwei Stunden zur Arbeit, also lasse ich mir auf dem Weg zum Aufzug Zeit. Mein Blick wandert über die Waren auf den restlichen Tischen. Dafür muss ich mich recken, so dicht ist das Gedränge hier unten. Die Halle ist nur etwa acht Meter breit und an beiden Seiten stehen Verkaufstische. Die Decke ist niedrig und an schlechten Tagen komme ich mir hier vor wie in einer Gruft. Der kupferne Anstrich, den sie dem Ganzen verpasst haben, macht es auch nicht unbedingt besser, nur dunkler. Dafür ist es unter der Erde wenigsten kühler als oberhalb. Ein Rumpeln ertönt und die riesigen Zahnräder hinter dem Glas zu meiner Rechten beginnen sich zu drehen. Die Railway fährt nun über unsere Köpfe hinweg. Ihren Antrieb haben die Ratsherren nach hier unten verfrachtet, zu den armen Menschen. Nicht, dass die Reichen noch etwas von dem Krach mitbekommen, den ihr geliebtes Gefährt verursacht. Ich werfe einen Blick auf meine Taschenuhr. 14 Uhr. Das dürfte also die Bahn nach Union sein.
Der Krach verklingt und plötzlich entdecke ich auf einem der Tische etwas, das mich innehalten lässt. Mein Herz beginnt, hektisch zu schlagen. Unter Einsatz meiner Ellenbogen kämpfe ich mich in die erste Reihe vor, ohne auf die empörten Aufschreie zu reagieren, die mir auf meinem Weg folgen.
„Wieviel?“, frage ich atemlos und deute auf den auf roten Samt gebetteten Ring in der ersten Reihe.
„Mehr, als du hast.“ Der Kerl hinter dem Stand schüttelt den Kopf, als könnte er nicht glauben, dass ich überhaupt zu fragen wage.
„Wieviel?“ Ich muss mich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschreien, denn mittlerweile verfolgen einige Umstehende unser Gespräch, oder was auch immer das hier gerade ist.
Langsam gleitet sein Blick über mein Gesicht hinunter zu meiner fadenscheinigen weißen Bluse, die an mehr als einer Stelle geflickt ist, über meine braune Hose und das Holster, das ich mir um die Taille geschlungen habe und in dem mein Lieblingsrevolver steckt. Als sein Blick auf meine Waffe fällt, fasst er sich an sein eigenes Holster, in dem gleich drei Pistolen stecken.
„Ich will Sie doch nicht überfallen“, sage ich und hebe die Hände. „Ich möchte nur diesen Ring. Wieviel soll er kosten?“
„Viertausend.“
Viertausend Dollar. Angesichts der hohen Summe muss ich schlucken. In meinem ganzen Leben habe ich noch keine viertausend Dollar gehabt. „Können Sie ihn mir zurücklegen?“, frage ich, obwohl ich die Antwort schon erahne.
„Zurücklegen? Für dich?“ Der Händler beginnt zu lachen und einige der Umstehenden stimmen mit ein. „Warum sollte ich das tun? Vielleicht, um den Ring niemals zu verkaufen?“
„Vielleicht eher, um eine Kundenbindung zu schaffen. Haben Sie davon schon mal gehört?“, fahre ich ihn an, aber er zuckt nur unbeeindruckt mit den Schultern.
„Zieh Leine, mach Platz für die, die wirklich was kaufen wollen.“ Er wedelt mit der Hand in meine Richtung und wendet sich einem anderen Käufer zu, ohne mir noch einen weiteren Blick zu widmen. Kurz kämpfe ich noch darum, in der ersten Reihe stehen zu bleiben, dann gebe ich dem Drängen der anderen Kunden nach und lasse mich von ihnen nach hinten treiben, bis ich wieder in der Mitte des Gebrauchtwarenmarktes stehe.
Der Ehering meiner Mutter. Hier auf dem Markt. Ich hätte niemals gedacht, dass ich ihn je wiedersehen würde. Doch das ist er gewesen, kein Zweifel. Sie ist schon so lange verschwunden und ich denke nur noch selten an sie. Doch es ist ihr Ring, da bin ich mir sicher, ich habe ihn sofort wiedererkannt: Ein Strang Silber, ein Strang Kupfer, ineinander gedreht zu einer Spirale mit einem einzelnen Diamanten. Und niemals viertausend Dollar wert.
Ich zwinge mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen und den Ring zurückzulassen, obwohl meine innere Stimme schreit, dass ich ihn mitnehmen muss. Doch hier und heute habe ich keine Chance. Aber ich beschließe wiederzukommen. Vielleicht mit viertausend Dollar, vielleicht auch nicht.
Anubis folgt mir klickend durch das dichte Gedränge des Gebrauchtwarenmarktes, bis wir schließlich vor den Türen des Aufzugs stehenbleiben. Obwohl bereits drei weitere Personen warten und der Knopf schon leuchtet, drücke ich noch einmal darauf.
„Das habe ich schon gemacht“, spricht mich eine der Wartenden pikiert an.
„Vielleicht wollte ich ja nur sichergehen, dass Sie es richtig gemacht haben?“, entgegne ich ihr patzig. Sie verzieht das Gesicht und wendet sich von mir ab. Es ist mir ganz recht, so bin ich wenigstens allein mit meinen Gedanken.